stellte Tempeldiener, nach seinem Tode wurde der Posten nicht wieder besetzt. Vom 14. August 1903 bis 14. Jänner 19Q6 herrschte ein Interregnum, da David Schneider die Würde eines K. V. abgelegt hatte. Während dieser Zeit leitete Eduard U 11 m a n n die Versammlungen, bis ihn David Schneider hierin wieder ablöste. Als er später, am 29. Juni 1910, wegen Überbürdung mit Berufsarbeiten neuerdings auf sein Amt verzichten wollte, mußte er es, den Bitten der Hauptversammlung nachgebend, bis zum Ablauf der Wahlperiode versehen, so daß erst am 28. Dezember 1911 sein Rücktritt mit größtem Bedauern zur Kenntnis genommen und ihm der wärmste Dank für seine rege, sehr ersprießliche Tätigkeit ausgesprochen wurde. Seit dem J. 1898 strebten die Gemeinden W i 11 o-mitz und Winteritz, später auch Radionitz, die Ausscheidung aus der KG. K. und Zuweisung zur Gemeinde Maschau an und stellten als Grund die Notwendigkeit hin, den Niedergang der Maschauer K. G. durch ihren Beitritt zu verhüten; auch sei Maschau bequemer als K. zu erreichen. Gegen diese Bestrebung trat der Kaadner Kultusvorstand auf und es gelang ihm, wenigstens bis zum Ende des Jahres 1909 diese Schwächung der Kaadner Gemeinde aufzuhalten. Aber mit 1. Jänner 1910 wurde in Gemäßheit des Statthaltereierlasses vom 15. Februar 1909 die Lostrennung vollzogen und das Gebiet der Kaadner K. G. um die Gemeinden Radonitz und Winteritz eingeengt, Willomitz blieb bei Kaaden. Mit Ende des Jahres 1903 erfolgte die Enthebung des Rabbiners Markus Schulhof. Ihn ersetzte vom 1. Jänner 1904 an der unter 41 Bewerbern erwählte Rabbiner Samuel Schwarzberg in Mirowitz. Er war ein tüchtiger, gründlich gebildeter Seelsorger. Unterm 8. Februar 1911 enthielt die „Kaadner Zeitung" folgende Mitteilung: „Samstag früh (4. Februar) durcheilte die Stadit die schier unglaubliche Nachricht von dem plötzlichen Ableben des hiesigen Rabbiners Siegmund (!) Schwarzberg. Dieser hochintelligente Mann erfreute sich nicht nur bei seinen Glaubensgenossen, sondern bei allen, die ihn. kannten, der größten Wertschätzung. Dies bewies auch das am 6. Februar nachmittags stattgefundene Begräbnis. Der Komotauer Rabbiner Dr. Krakauer widmete dem „Dahingeschiedenen Amtskollegen im Tempel tief empfundene Worte der Erinnerung. Dem Sarge folgten außer den Angehörigen viele Glaubensgenossen, Amtskollegen der Kultusgemeinden in der Umgebung, die Spitzen sämtlicher staatlichen und autonomen Behörden, die katholische Geistlichkeit, die Vertreter aller hiesigen Unterrichtsanstalten sowie eine große Anzahl der hiesigen Einwohnerschaft. Bevor die irdische Hülle des Entschlafenen der Mutter Erde übergeben wurde, widmete der Kultusvorsteher Herr David Schneider, dem Toten ehrende Worte der Anerkennung." Als neuer Rb. wurde am 9. März 1911 Ignaz L ö w y aus seinem bisherigen Wirkungsrorte B i 1 i n berufen. Nach dem Rücktritte David Schneiders bekleidete die beiden folgenden Wahlperioden 1912 bis 1918 hindurch der Advokat Dr. Richard P r e s s e r das Vorsteheramt, das infolge der durch dien Weltkrieg hereinbrechenden schlimmen Zeiten eine drückende, sorgenbringende Last wurde, weil ja auch die Kaadner Kultusgemeinde in Mitleidenschaft gezogen ward. Nach der allgemeinen Mobilisierung mußte der Rb. Ignaz Löwy in seiner Eigenschaft als k. u. k. Feldrabbiner zur Kriegsdienstleistung einrücken und kehrte erst im November 1918 zurück. Mittlerweile war der mit ihm bei seiner Anstellung abgeschlossene Vertrag mit Ende April 1915 abgelaufen und, da keine Erneuerung erfolgte, blieb die Gemeinde bis zu seiner Rückkunft ohne Seelsorge. Der Religionsunterricht an den Schulen mußte entfallen, nur eine Zeitlang konnte ihn der Maschauer Rb. Alfred Schapirnik an den Kaadner Volks- und Bürgerschulen aushilfsweise erteilen. Erst nach dem Umsturz, am Gymnasium erst im zweiten Halbjahr 1919, wurde der regelmäßige Unterricht in der Religionslehre wieder aufgenommen. Außer dem Rabbiner waren auch noch andere Mitglieder der Gemeinde zum Kriegsdienste einberufen worden und wurden von der Heimat ferngehalten. Durch den Krieg kamen Hunderte von Flüchtlingen aus Galizien und der Bukowina nach K. und in die benachbarten Ortschaften und machten eine umfassende Fürsorgetätigkeit des Kultusvorstandes notwendig. In werktätigster Weise nahm sich ein zu diesem Zwecke eingesetzter Hilfsausschuß, an dessen Spitze Dr. Richard P r e s s e r standr der Heimatlosen an und besonders der Kaufmann Ludwig Löwy und auch Alois Böhm brachten willig große Opfer an Zeit, Geld und Mühe für das menschenfreundliche Werk. Endlich mußte die K. G. auch den Verlust von sechs in der Blüte des Lebens stehenden Mitgliedern als Kriegsopfer beklagen. Es starben für die Heimat: Kriegsfreiwilliger Rudolf Löwy aus K. vom Feldjäger-Bataillon Nr. 1, vermißt seit September 1914; Infanterist Oskar T a u-b e r aus K. vom Infanterie-Regiment Nr. 75, vermißt seit Februar 1915 in Serbien; Einjähriger Gefreiter Paul Eckstein aus Weipert vom Schützenregiment Nr. 7, gefallen am 21. August 1915 bei Touslobaby; Kadett-Aspirant Josef Geduldiger aus Wakowitz vom Infanterie-Regiment Nr. 74, gefallen am 15. Juni 1918 am Monte Lemerle; Leutnant Fritz K o h n aus Dehlau vom Infanterie-Regiment Nr. 98, gefallen am 27. Juli 1918 in Albanien; Infanterist Karl Ulimann aus K. vom Infanterie-Regiment Nr. 92, gestorben am 22. Oktober 1918 in Solfradta. Zu ihren Ehren wurde auf Anregung des Rb. Dr. Sagher im Betsaale eine Gedenktafel angebracht, bei deren feierlicher Enthüllung am 26. April 1924 der K. V. Julius Böhm eine Ansprache, Ludwig Kotek die Gedenkrede hielt undi der Rabbiner den Weihespruch sprach, alles in würdigster Weise. Gesang und Musik vertieften den Eindruck der Feier. Die durch die außerordentlichen Verhältnisse der Kriegszeit im Leben der Gemeinde hervorgerufene Störung verstärkte sich in den Nachkriegsjahren noch mehr und drohte einmal sogar, das selbständige Dasein der Gemeinde in Frage zu stellen. Infolge der stets wachsenden allgemeinen Teuerung stiegen die Anforderungen an den Geldsäckel der Gemeinde auf eine solche Höhe, daß in der Hauptversammlung vom 13. Februar 1921 die Mehrzahl der Teilnehmer nicht mehr an die Möglichkeit glauben zu können vermeinte, daß die Erfordernisse durch Umlagen hereingebracht werden, zumal auch die Weiperter Mitglieder in einer Zuschrift erklärten, sich vom Verbände der Kaadner Gemeinde ablösen zu müssen, wenn der mosaische Unterricht ihrer Kinder weiterhin so arg vernachlässigt werde wie bisher. Um dieser Klage abzuhelfen, wurde der Komotauer Kantor Max F ri e d 1 mit dem Unterrichte in Weipert in der Weise betraut, daß er monatlich zweimal denselben erteilte. Und wegen der unerschwinglichen Höhe der Kultusbeiträge befaßte man sich bereits mit dem durch das Gesetz gewiesenen Auswege, daß zwei Kultusgemeinden einen Rabbiner gemeinsam haben können, und trat dieserhalb mit Komotau in Unterhandlung. Da nicht in allen Fällen die Not der Zeit an solcher Säumnis die Schuld trug, sondern auch Mangel an Pflichtgefühl und Gemeinsinn, so gab das Anlaß zu peinlichen Zwischenfällen. Am 2. November 1920 verließ Rb. Ignaz Löwy seine Stellung. Am 29. Juni wählte die Hauptversammlung den Rabbiner Dr. theol. et phil. Josef S a g h e r in So-borten zum hiesigen Seelsorger. Als eine Folge der lang hinwirkenden Kriegsnachwehen muß wohl der rasche Wechsel der Kultusvorsteher zu werten sein, welche mit jeder neuen Wahlperiode einander ablösten. Nach dem Verzichte Dr. Pressers, der vom 21. Jänner 1912 bis zum 13. Jänner 1918, also auch fast während der ganzen Dauer des Krieges, die Gemeinde mit fester Hand zu leiten gewußt hatte, stand an ihrer Spitze vom 13. Jänner 1918 bis 2. Jänner 1921 der Mühlenbesitzer Emil Steinkopf, von da bis 3. Feber 1924 der Advokat Dr. Rudolf Schönberger, nach ihm bis zum 21. April 1927 der Kaufmann Julius B ö hm und zuletzt gar nur durch anderthalb Jahre der Kaufmann Nathan Weiskopf bis zum 9. Dezember 1928. Nach einer vierteljährigen Sedisvakanz wurde am 16. März 1929 d!er Großkaufmann David Schneider zum K. V. und i. J. 1932 H. Otto U11 m a n n gewählt. Die Gemeinde, die jetzt 263 Seelen zählt, sieht in dieser Stadt einer hoffnungsfrohen Zukunft entgegen, wo die alten Juden einstmals, wenig Recht und viel Leid erfuhren, wo durch lange Zeiträume kein Jude sein Heim gründen oder auch nur sein Haupt zur Ruhe niederlegen konnte und wo erst duldend und schaffend der Boden für die Pflanzung neuen jüdischen Lebens geebnet werden mußte, wo aber auch heute noch in manchen Kreisen der christlichen Mitbewohnerschaft bei aller äußeren Duldung und regem Wechselverkehr ein leiser Unterton von Feindseligkeit und Geringschätzung als Nachhall altererbter Gefühle nicht verstummt ist. Quellen und Literatur: Kaadner Stadtbuch v. J. 1465 und 1516. Die einschlägigen Auszüge stellte Herr Dr. R. Wenisch in zuvorkommendster Weise zur Verfügung, wofür ihm wärmstens gedankt wird. Kaadner Rechtsbuch v. J. 1519. Gerichtsbuch v. J. 1544, 1565, 1579. Amtsbuch v. J. 1587, 1631, 1639, 1645. Abschiedbuch v. J. 1602. Arrestbuch v. J. 1612. Amtsregister v. J. 1619. „ Grünes Memorialbuch v. J. 1645. Aktenfaszikel, die Kaadner Juden betreffend, im Archiv des Ministeriums des Innern in Prag und im Kaadner Stadtarchiv. Protokoll- und Kassabuch der Kaadner Kultusgemeinde. Nikolaus von Urbanstadt, Geschichte der kgl. Stadt Kaaden. 1841. Handschrift. Josef Stocklow, Buch der Heimat. Kaaden. Meyer, O. J. *) Im folgenden, wird der jedem jüdischen Namen beigefügte Zusatz „Jude" abgekürzt durch J. wiedergegeben. 2) Nur hier, sonst überall Holleschau. 339