ihn mit einem Christen und vorzüglich mit einem um den Staat wohlverdienten Manne besetzen. Im J. 1775 ließ hier in K. der Eidlitzer Schutzjude Nathan David seine geldlichen Ansprüche an zwei Kaadner Bürger durch seinen Rechtsfreund .vor Gericht vertreten. Am 10. Mai 1792 vermählte sich des Tabakverlegers Simon Lichtentha'l Tochter mit einem auswärtigen in der Quelle nicht mit Namen genannten Juden. Die Trauung vollzog sich in einem der vornehmsten Häuser des Ringplatzes, dem heutigen Stadthotel „Sonne", im Hofe unter freiem Himmel. Das war wohl wieder nach 'langer Zeit die erste Judenhochzeit in K. und Sollte es für lange Zeit auch bleiben. . - Im J. 1798 gelangte ein neues Judensteuer-System zur Einführung und die Juden beiderlei Geschlechts hatten neue Vermögensbekenntnisse einzubringen; dazu wurden am 23. Juni 9 Stück Fassionstabellen sowohl für die Stadt als auch für die der Kaadner Gerichtsbarkeit unterstehenden Ortschaften zugestellt und am 28. desselben Monats ausgefüllt dem ■Kreisamte zurückgesendet. Leider ist keine Abschrift dieser ausgefüllten Bekenntnisse mehr zu finden und auch aus der Zahl der Tabellen läßt .sich auf die Zahl der damals in der Stadt selbst lebenden Juden kein Schluß ziehen. Es dürften bloß die Angestellten der Tabakge-fälls-Pachtung und ihre Angehörigen gewesen sein. Sie sind vermutlich auch unter jenen Juden zu verstehen, denen das Bürgermeisteramt das Hofdekret vom 12. Juli 1798 über die Befähigung jüdischer Hausund Religionslehrer, Knaben zum Talmudstudium. vorzubereiten, und eine Verordnung des Saazer Kreisamtes, vom selben Jahre, daß jüdische Beschneider das Messer zur Prüfung mitzubringen haben, bekanntgibt. Diese Urkunden über jüdische Angelegenheiten aus dem Jahre 1798 sind die jüngsten, die das Stadtarchiv noch verwahrt, über die spätere Zeit, das 19. Jht., schweigt es. Es kann aber mit Bestimmtheit angenommen werden, daß bezüglich der Juden in K. alles blieb, wie es war, daß höchstens der jüdische Tabakverleger früher oder später durch einen Christen ersetzt wurde, an ein Einwurzeln und Gedeihen dem jüdischen Niederlassung war nicht zu denken. Die Bevölkerung in ihrer überwältigenden Mehrheit war von ^feinem judenfeindlichen Geiste beseelt, der ihr schon in den Kinderjahren durch das Elternhaus und die "Schule eingeflößt wurde. Es wuchs kein Kaadner Kind heran, ohne daß ihm die Geschichte des einst von dem Juden Noe ermordeten Christenkindes, des Matthesl, daheim von dien Eltern und vom Lehrer in der Schule immer wieder wäre erzählt worden. Es war dies ja die große Geschichte aus der Kaadner Vergangenheit, die wie kein anderes Ereignis lebendig vor der Seele des Volkes stand und dessen Andenken nicht erlöschen durfte. In der Dekanalkirche hing das Ölbild mit der Darstellung der Mordtat; jedermann kannte hier die Nische mit dem kunstvollen Eisengitter beim Hochaltar, in der das beigesetzte Körperlein dies Kindes 1811 beim großen Stadtbrande ein Raub der Flammen wurde; im Franziskanerkloster wurde sein grobes Röcklein gezeigt; bei einer feierlichen Schlußprüfung ergingen sich Schulkinder in schwungvollem, vom Katecheten verfaßten Zwiegespräch über die Unschuld des Christenknaben und die Schlechtigkeit des mordenden Juden und der Leiter einer Schauspielertruppe dramatisierte neben anderen heimischen Sagenstoffen auch die Mattheslgeschichte in so geschickter Weise, daß die Aufführungen unter großem Zulauf des öfteren wiederholt werden mußten; kurz, in jener gemächlich ruhigen Zeit, wo der Sinn der Menschen sich weit mehr als heute liebevoll vergangenen Dingen der Heimat zuwandte, konnte es da anders sein, als daß jene althergebrachte feindselige Einstellung gegen die Juden sich aufrecht erhielt und namentlich die Kinder in jedem Juden etwas Gefährliches, des Ab-scheus Würdiges erblickten und dies umsomehr, je seltener ihnen ein Jude zu Gesicht kam? Es schien wahrhaftig, als ob der Wunsch des K. Magistrats, den er in einer Eingabe an das Saazer Kreisamt vom 18. Dezember 1720 aussprach, ih Erfüllung gehen sollte, es möchten sich nämlich die Juden für jetzt und zu ewigen Zeiten in dieser Stadt keines sanften Schlafes mehr getrösten. Welch ein Mut gehörte unter solchen Umständen und nach so schlimmen Erfahrungen dazu, neuerdings den Entschluß, einer dauerndien Ansiedlung in K. zu fassen! Diesen Mut hatte im Jahre 1870 ein fünfzigjähriger Geschäftsmann mit Namen Alois Schneider, aus der altehrwürdigen J. G. Weitentrebetitsch stammend, der mit zielsicherem Blick die rechten Wege zu finden wußte, um allen Gegnerschaften zum Trotz hier Fuß zu fassen. Er hatte bald Boden gewonnen und konnte fortan unangefochten, wohlgelit. ten und geachtet seinem Berufe als Produktenhändler leben, sein Geschäft ausbauen und für seine zahlreiche Familie in ausgiebigem Maße sorgen. Mit dem Kaufvertrage vom 10. April 1871 erwarb er den Wirtschaftshof Nr. 423 in der Schrauzergasse um den Betrag von 10.500 Gulden ö. W., in dem noch heute sein Sohn David Schneider das vom Vater gegründete Getreidegeschäft in der ererbten rechtlichen Art 'mit vollem Erfolge betreibt. Am 28. Juli 1879 wurde ihm vom Gemeindeausschuß die Heimatzuständigkeit und das Bürgerrecht der Stadt K. verliehen und nach Angelobung der Bürgerpflichten in der Ratssitzung vom 25. August desselben Jahres erhielt er das Bürgerdiplom ausgefolgt. So hatte K. nach 385 Jahren wieder einen jüdischen Mitbürger. Alois Schneiders Beispiel folgten andere jüdische Familien, siedelten sich in K. an und trieben hier Handel und sonstige Geschäfte unbehelligt wie anderswo. In religiöser Beziehung waren sie dem Rabbinäte Saaz zugeteilt. Durch das religiöse Bedürfnis wurden sie zu einem Betverein zusammengeführt, der seit 1874 bestand und in dem neben Alois Schneider^ besonders der Kaufmann Ferdinand L e d e r e r, welcher das Geldwesen des Vereines verwaltete, für Zusammenschluß und Eintracht sorgte, indem er stets als den Zweck des Vereines neben der Pflege der religiösen Gesinnung die Einigung und Verbrüderung der hier lebenden Israeliten betonte. Er leitete auch die Gründung eines Kultusverein.es in die Wege, der im Auftrage der Statthalterei vom 30. Juni 1884 sich bildete und am 17. Juli die erste Kaadner israelitische Kultusvertretung wählte. Erster Vorsteher war Ferdinand Lederer, Stv. Salomon Samuel, Kassier Nathan Feldstein, Ausschußmänner Eduard Ulimann und Moritz Bäum. Diese Amtswalter waren wie alle späteren Amtswalter der Gemeinde auf drei Jahre gewählt. Veit B ö h m war Kt. und Rlgl., für dessen Entlohnung freiwillige Beiträge geleistet wurden. Ein Betlokal war in einem christlichen Privathause der Süßengasse (CNr. 107) gemietet worden, an den hohen Feiertagen wurde der Gottesdienst im Saale des Gasthauses „Zum Goldenen Hirschen" abgehalten, bis im Mai 1887 ein geräumiger Betraum samt einer Wohnung für den Rlgl. in einer bewohnbar gemachten Bastei der alten Stadtbefestigung (Nr. 187) mietweise erworben wurde, die noch heute im Volke der „Judentempel" heißt, wiewohl sie längst wieder anderen Zwecken dient. Dieser Betraum wurde 1888 236 zu einer Synagoge ausgestattet. Willkommen war die Überweisung von Tempeleinrichtungsstücken der ehemaligen Gemeinde in Saar, die vier Saarer Juden Adolf Steiner, Leopold Steiner, Philipp Ulimann, und Markus Zentner durch eine Schenkungsurkunde der Gemeinde K. überließen. Am 9. Februar 1890 fand die feierliche Einweihung der Synagoge statt und gestaltete sich zu einer schönen Kundgebung jüdischen Geistes und religiöser Beflissenheit der hiesigen Judenschaft und der aus den Nachbargemeinden zahlreich erschienenen Vertreter. Das erste Ziel des Vereines war die Errichtung eines eigenen israelitischen Friedhofs unweit des städtischen Zentralfriedhofs im Nordosten der Stadt, wozu schon 1883 die Stadtgemeindie eine Fläche von 64 Quadratklaftern eines Gemeindegründstücks unentgeltlich überlassen und der Verein bei der städtischen Sparkasse ein Darlehen von 600 Gulden aufgenommen hatte. Am 29. August 1884 nahm: der Saazer Rabbiner Dr. Bärwaldi.in Gegenwart vieler Vertreter der Behörden, Ämter und Vereine und einer großen Menge sonstiger Teilnehmer und Neugieriger die Einweihung vor. In der außerordentlichen Hauptversammlung vom 28. März 1885 wurde die von Ferdinand-Lederer verfaßte Friedhofsordnung genehmigt. Darnach waren die Grabstellen in fortlaufender Reihe zu vergeben, doch war es auch gestattet, gegen eine vom .Vorstande zu bemessende Gebühr sich einen Platz vorzubehalten. Jedes in den Verein neu eintretende Mitglied hatte zugunsten des . Friedhof f o nds einen Beitrag zu erlegen, der. in jedem einzelnen Falle in der Höhe von 5 bis 20 Gulden festgesetzt wurde; vom Jahre 1886 an war er einheitlich mit 10 Gulden bemessen. Als im Jahre 1907 dieser Friedhof keinen Raum mehr bot, widmete die Stadtvertretung neuerdings unentgeltlich eine ebenfalls 64 Quadratklafter große Fläche desselben Grundstückes zur Erweiterung, mit der das Auslangen bis zum Jahre 1926 gefunden wurde, wo sämtliche Grabstellen belegt oder für künftige Benützung verkauft waren. Nach langen, jedoch ergebnislosen Verhandlungen mit benachbarten Grundbesitzern . wurde mit der Stadtgemeinde ein Übereinkommen getroffen, daß der Kultusgemeinde als .. konfessionelle Begräbnisstätte eine Abteilung in der Südostecke des Zentral-friedhofes überlassen und die Übertragung- der Leichenkammer vom. alten israelitischen Friedhof auf den überlassenen Platz bewilligt werde. Die allgemeine . Friedhofsordnung, sollte auch für diesen abgeteilten Teil in Geltung bleiben. Diei Übergabe geschah im April 1926.. Diesmal mußte die Kultusgemeinde den PJatz von der in finanzieller Bedrängnis sich befindenden Stadtgemeinde um den Betrag von 10.000 Kč erwerben. Die Abgrenzung von der übrigen Friedhofsfläche durch einen Drahtzaun auf Mauersockel kostete 8500 Kč. Da auch auswärtige, der Kul-iusgemeindie nicht angehörige Juden auf dem alten Friedhof bestattet worden waren, zog man von jetzt an deren Angehörige zu einer Beitragsleistung heran, so oft Ausbesserungen am Mauerwerk notwendig waren. . Am 11. Oktober 1885 legte Ferdinand Leder er sein Amt als V. der K. G. nieder und es wurde ihm für seine unermüdliche Tätigkeit um den Verein von der Hauptversammlung einmütig der vollste Dank ausgesprochen. An seine Stelle trat der Kaufmann Sa-lqmon Samuel und leitete den Verein vom 7: November 1885 bis zum 26. Juni- 1887, von diesem Tage bis zum 4. August 1893 tat es der Wirtschaftsbesitzer Eduard U 11 m ann. - • Im Alter von 70 Jahren starb am 3. Jänner 1889 Alois Schneider und seine Gattin Julie, geb. Stein, folgte ihm am 3. Juli 1891 in den Tod.' Aus ihrer Ehe waren 8 Kinder hervorgegangen, darunter drei Söhne: Dr. Philipp Schneider, Advokat in Budweiš, Dr. Leopold Schneider, praktischer Arzt in Aussig, beide schon verstorben, und David Schneider, Großkauf mann in K. Am 1. Oktober 1885 war für den Rlgl. Veit Böhm, der seine Stelle gekündigt hatte, Jakob Hartmann aus Muttersdorf unter 17 Bewerbern zum Rlgl. bestellt worden. In den beiden Schuljahren 1884'5 und 1885/6 erteilte der Rb. Josef Weise in Eidlitz aushilfsweise privaten Religionsunterricht am Kaadner Obergymnasium. Vom Schuljahre 1886/7 an Wurde Jakob Hartmann vom Min. für Kultus und Unterricht mit dem öffentlichen Religionsunterricht betraut und versah ihn bis zu seinem. Tode. Auch seine beiden Nachfolger, die Rabbiner Ábeles und S c h u 1 h o f, erhielten diese Betrauung, während vom Schuljahr 1894/5 an diese Betrauung nicht mehr erfolgte und děr Unterricht am Gymnasium vom jeweiligen Rabbiner privatim gegeben wurde. Am 22. Juli 1890 verschied plötzlch -an Herzschlag der Religionslehrer Jakob Hart mann. Sein Begräbnis, das am 25. August stattfand, war eine den Verstorbenen hoch ehrende Trauerkundgebung, da Vertreter aller staatlichen und politischen Ämter, der katholischen Geistlichkeit, aller Schulanstalten und sonst eine große Menschenmenge dem Sarge folgte, dem Rabbiner Josef Weiss aus Eidlitz voranschritt. Zum Nachfolger Hartmanns wurde Rabbiner Josef Ábeles in Wolin am 14. August 1890 gewählt; die Dauer seiner Wirksamkeit in Kaaden erreichte jedoch nicht einmal die Jahresfrist und vom 1. August dieses Jahres an versah der Rb. Markus Schulhof, bisher in G ö r k a u, die Seelsorge in der K. G. Nach fast neunjährigem Bestände wandelte sich der K. V. in eine K. G. um, was schon seit Juli 1890 angestrebt, aber erst mit dem am 24. März 1892 erfolgten Eintritte David Schneiders, des Sohnes des Wegbereiters der Juden in Kaaden, in den Verein zielbewußt betrieben und zum erfolgreichen Ende geführt wurde, indem mit Erlaß des Min. für Kultus.und Unterricht vom 10. März 1893 K. zum Sitz der J..K. G. für die Gerichtsbezirke Kaaden und Preßnitz und die Ortschaften des Duppauer Gerichtsbezirkes Hermers-dorf, Olleschau, Petersdorf, Saar, Sebeltitz. und Turtsch erklärt wurde. Die junge Gemeinde hielt ihre erste feierliche Versammlung am 4. August 1893 ini Hotel Austria ab, in der David Schneider zum K- V. gewählt wurde. Zu den 23 den. Kultusbeitrag leistenden Mitgliedern des Kultusvereines traten nunmehr noch 25 neue Mitglieder ein, so daß der K. G. in ihrem ersten. Bestandjahr 48 steuernde Mitglieder angehörten. . Im J. 1894 begann man den Plan zur Erbauung eines eigenen Gemeindehauses mit. einem Betsaal und Wohnungen für den Rabbiner und Tempeldiener zu .erörtern, und beschloß 1896, hiefür einen Höchstbetrag von 9560 Gulden auszusetzen. Die Ausführung des Baues übernahm der Kaadner Baumeister Hubert Tippmann. Im Jänner 1900 war der Bau in würdiger Form fertiggestellt und am 6. Februar erfolgte die feierliche Einweihung. Einen Tempeldiener anzustellen, beschloß man erst im September 1895. Die Stelle versah vom 2. August 1896 an Nathan Frankl aus Weitentrebetitsch länger als 28 Jahre gewissenhaft. ' - • Er erlag am 17. November 1924, 67 Jahre alt, plötzlich einem- Schlagflusse. Frankl war der einzige be-