desselben Jahres verglich sich Joel Süssmann J. von Eidlitz mit seinem Schuldner über die Abstattung von 23 Schock für Rohleder. Moses J. von Eidlitz wurde mitten im Winter des J. 1594 von einem jungen Kaad-ner auf freiem Wege ohne gegebene Ursache „mit tnordlichem Gewehr" überfallen und mißhandelt, wobei ihm eine Kuh, die er am Strick führte, entlief. Das Gericht sprach ihm für die entlaufene Kuh und die erlittenen Schmerzen eine Entschädigung von 5% Schock Groschen zu. Moises, auch Moschel, Levin J. zu Prag mußte im Laufe des J. 1594 dreimal das Kaadner Gericht in Schuldsachen anrufen. Auf einen ihm zugesprochenen Betrag von 8 Schock legte David Eichhorn J. zu Drofonitz (Bez. K.) auf Grund älteren Rechtes ein Verbot, daß er ohne sein Einverständnis nicht ausgezahlt werde. Moises, „der Jude von Krolop" (Kralup, Bez. Komotau), und Moises Goldschmied, vielleicht eine Persönlichkeit, verschaffen sich mit gerichtlicher Hilfe die Bezahlung für verkaufte Pferde; letzterer erhielt dafür 28 Schock und 1 Strich Korn. Schließlich erscheinen noch Moises J. von Körbitz, der 1595 eine Geldangelegenheit betrieb und 1597 der „/. Hensel, sonst Hans Matthes" genannt, welcher vor Gericht zusagte, daß er eine Geldschuld seines Weibes begleichen werde. Wie ersichtlich, mehrten sich in den 80er und 90er Jahren die Gerichtsfälle mit Juden als Partei, offenbar als die Folge einer lebhafteren jüdischen Geschäftstätigkeit, die sich über das Verbot des Hausier-" handeis hinwegsetzte und immer öfter im Einverständnisse mit den beteiligten Christen innerhalb der vier Wände des Hauses vollzogen werden mochte. Aber das Verbot des dauernden Wohnens in 3er Stadt scheint doch eingehalten worden zu sein, denn während des ganzen Zeitraumes erscheint kein einziges Mal bei einem jüdischen Namen der die Seßhaftigkeit ^bezeichnende übliche Zusatz „Jude allhier" verwendet. Und als das untersagte Hausieren und Übernachten in der Stadt Überhand nahm, suchte der Rat die halb vergessene Verordnung von 1520 wieder zur Geltung zu bringen und strenger zu handhaben. In einer Eingabe vom 30. Juni 1616 begründete er die Erneuerung dieser Verordnung damit, daß die Juden sich eine geraume Zeit her dermaßen in K. eingenistet hätten, daß sie nicht allein die ganze Woche mit Ausnahme ihres Sabbats mit Handel und Wandel in der Stadt lägen, sondern auch sich unterstanden hätten, eigene Kammern als Niederlagen ihrer Waren und Pfänder zu mieten, und da sie mit ihren meisterlichen Praktiken arme Mitbürger, die durch Unglücksfälle, Mißwachs und die hohen Steuern in Not geraten, oder junge, unerfahrene Leute, denen die Eltern einen ansehnlichen Besitz hinterließen, in verschlagener Weise derart umgarnt hätten, daß sie Haus, Hof und Güter verloren und sogar der Stadt den Rücken kehren mußten; denn sie begnügten sich keineswegs mit dem üblichen jüdischen Wucherzins von 2 kleinen Pfennigen wöchentlich für ein Schock Groschen und nahmen 3 Pfennige und sogar von 2 Schock einen kleinen Groschen, so daß oftmals die Zinsen die Schuldsumme überstiegen. Auch hätten die Kaadner im Schöppen-stuhl mit den jüdischen Händeln weit größere Mühe als mit den Angelegenheiten der eigenen Bürger. Darum müßte der vor 90 und etlichen Jahren gefaßte Ratsbeschluß wieder zum Leben gebracht und den Juden wenigstens die freie, öffentliche Herberge und die Gepflogenheit, Niederlagen zu mieten, eingestellt werden, wo man doch vollauf berechtigt gewesen wäre, dem Beispiele vieler Herren und Städte zu folgen, bei denen kein händeltreibender Jude-eich blicken lassen dürfe. Dagegen erhoben die Kaadner Juden durch Vermittlung der Ältesten der Prager Judenschaft Einsprache und richteten an die kgl. Kammer die Bitte, zu verordnen, daß den in einem Umkreise von 2 Meilen um die Stadt K. wohnenden Juden die Nachtherberge und das Mieten von Niederlagen in der Stadt gestattet werde. Die Statthalterei fand das, was die Juden auf die Anklage des Rates entgegnet hatten, begründet, daß nämlich die Gewölbe keineswegs zum Schaden der Bürgerschaft, vielmehr zu ihrem Nutzen gemietet würden und daß die Juden in der Stadt Nachtherberge nur notgedrungen und wider ihren Willen nähmen in Fällen, wo sie vormittags rechtzeitig vor Gericht erscheinen müßten oder bösen Wetters und unsicherer Wege halber nicht zeitig genug fortkommen könnten. Darum wurde den Kaadnern aufgetragen, den Juden als des Kaisers Kammerleuten in Notfällen Nachtherberge zu gewähren und zur. sicheren Verwahrung der von den Bürgern übernommenen Pfänder etwa eine Kammer gegen gebührlichen Zins, doch nicht um darin zu wohnen, sondiern nur die Pfänder eine Zeitlang aufzunehmen, zu überlassen. Auch sonst sollten sie nach Tunlichkeit die Juden fördern und ihnen nicht zuwider sein.. Nun erschien im J. 1624 der Feistl J. vor dem Rate und wies ein kaisl. Sonderprivileg vom 11. Juni d. J. vor, kraft dessen er sich mit Weib, Kindern und' Tochtermännern in der Stadt K. aufhalten und Handel treiben könne bis auf kaisl. Widerruf. Die Kaadner trugen diese erzwungene Aufnahme einer verzweigten Judenfamilie mit Ärger, zumal bei derselben sich Juden aus unterschiedlichen Orten, nicht allein Böhmens, sondern auch aus anderen Ländern fast täglich einfanden und oft längere Zeit verweilten. Weil aber die Stadtfreiheiten zu dieser Zeit von dem neuen Herrscher Ferdinand II. noch nicht bestätigt und die Bürger in Sorge waren, daß der Kaiser sie seine Ungnade wegen ihrer Beteiligung am böhmischen Aufstande werde weiter fühlen lassen, unterließen sie es, dagegen Schritte zu tun. Erst als mit dem Gnadenbriefe vom 18. Juni 1628 Ferdinand die Stadt wieder in Gnaden aufnahm und in Bestätigung der früheren Privilegien und Rechte guthieß, daß kein Nichtkatholik in der Stadt oder in den Vorstädten Häuser ankaufen, solche mieten oder in ihnen ein Gewerbe treiben dürfe, richtete der Rat unter Berufung darauf am 10. Juni 1630 das Gesuch an die Prager Statthalter, beim Kaiser die Verfügung zu erwirken, daß die Stadt sowohl mit weiteren Aufnahmen von Juden verschont und auch von den jetzt daselbst wohnenden befreit werde; da die der Religion halber aus der Stadt ins Ausland entwichenen Bürger ihre Häuser und Güter innerhalb vier Monaten zu verkaufen gezwungen seien, würden sich bald genug Käufer dafür finden und die Stadt werde wieder ohne Zutun der Juden mit Einwohnern besetzt werden, wie es der Wunsch des Kaisers sei. Diese Eingabe blieb aber fruchtlos, denn gerade in den beiden nächsten Jhzt. erseheinen, wie die Amtsbücher ausweisen, am. öftesten Juden in den Ämtern, die ausdrücklich als „allhier" wohnend bezeichnet werden. Der Rat mußte sich darein fügen und neuen jüdischen Zuzug dulden. Ja, als in den 30er und 40er Jahren schwedische und kaisl. Völker ^die halbverbrannte "und ausgehungerte Stadt des öfteren heimsuchten, mag ihm die Anwesenheit der geldkräftigen Juden willkommen gewesen sein, damit sie zu den von Freund und Feind erpreßten Geldern und Lebensmitteln beisteuerten. Es sind auch zwei Fälle überlie- 226 fert welche diese Judenhilfe beweisen: Am 10, März 1632 lieh die Judenschaft dem Rate und der Gemeinde „zu ihren hohen bevorstehenden Notdürften" 27 Reichstaler, die bereits zu Ostern (11. April) zurückgezahlt werden sollten. Dieser Betrag floß zu jenen Geldern, welche der Rat dem Obersten Marazin, damals zu Saaz, präsentieren ließ. Zur Barrückzahlung kam es nicht, denn erst vor Weihnachten des J. 1637 ist „obige Schuldpcst mit Bewilligung der ganzen Judenschaft wegen ihrer alten vertagten Kontribution kassiert worden". Und am 2. Mai 1639 überließen die Juden von 10 Strich Korn Prager Maß, die sie von der Gemeinde um 50 Gulden gekauft hatten, dieser 9 Strich als „Beihilfe zur schwedischen feindlichen Ranzion" und behielten nur das 10. Strich für sich. Als bald darauf, namentlich nach den Einfällen General Bauers, die Kaadner so hoffnungslos entmutigt waren, daß viele ihre noch vom Brande des J. 1635 her in Schutt liegenden Wohnstätten im Stiche ließen und auswanderten, weshalb die Stadt eine geraume Zeit zur Hälfte unbewohnt stand!, und erst nach und nach manche sich wieder aufrafften und das möglichste taten^ um ihre Häuser einigermaßen herzustellen, da griffen sie zu der „verzweifelten" Maßregel, daß sie die Juden einluden, als In- und Mietsleute zu ihnen zu ziehen. Nun taten sie also gern, was der Rat, als es der Kaiser geraten, mit Leidenschaft abgelehnt hatte. Schon früher, im J. 1619, nahm sogar die kath. Rosenkranz-Bruderschaft ihre Geldhilfe in Anspruch. Der lutherische Rat hatte die ganze Schuldenlast der Gemeinde auf diese Bruderschaft gewälzt, deren Landgüter besetzt und die sofortige Zahlung von 1400 Schock Groschen gefordert. Diese Summe mußten sich die Vorsteher nicht allein bei guten Freunden erborgen, sondern 400 Schock gegen jüdischen Zins bei den Juden aufnehmen. Von den damals in K. dauernd weilenden Juden kennen wir vor allen den erwähnten Feistl J., welcher vor seiner Übersiedlung nach K. in Eidlitz ansässig war und mit vollem Namen Veit Bloch hieß. Er hatte schon von Eidlitz aus 1613 mit Estra Vitzthum-von Neuenschönburg und 1617 mit einem Kaadner Patrizier in Geldangelegenheiten vor dem Kaadner Gerichte zu tun gehabt. 1626 schoß er zum Ankaufe von 27% Zentner Käse einen Teil der Kaufsumme, nämlich 77 Reichstaler, dem Käufer, vor und als dieser flüchtig wurde, hatte er Mühe, sein Geld wieder zu erlangen. 1632 nahm er für Zinsen ein Fäßchen neuen Weins an Zahlungsstatt. Mit seinem. Schwiegersohn Isak Brandeis kaufte er im selben Jahre von einer Soldatenfrau um 6 Reichstaler einen Ochsen, der einem Bauer zu Fürspannzwecken beim Durchmarsch durch das Dorf Retschitz (Bez. Komotau) abgenommen worden war, den die beiden aber auf die Klage des Eigentümers wieder zurückstellen mußten; auch' das hiefür ausgelegte Geld empfingen sie erst nach langem Warten. Daß Veit Bloch Geld verlieh und1 zu unterschied-lichenmalen Leder lieferte, bezeugen Eintragungen d.eš J. 1633. Besonders lebhaft muß aber sein Pfandleihgeschäft gewesen sein; man versetzte bei ihm Becher, Armbänder, Hängeketten, Löffel, Bilder, Hauben, Panzergürtel, ja oft, heißt es, gab man das teuerste Familienandenken'als Faustpfand für ein Sündengeld. Im folgenden Jahre am 6. April gewährte er der Dorfgemeinde Burgstadtl (Bez. K.) ein Darlehen von 6 Rchst., dessen Rückerstattung, die unter Zugabe eines Schöpses in 17 Wochen erfolgen sollte, er nicht mehr erlebte; denn schon 1635 bemühte sich seine Witwe, „die alte Feistlin", dieses Geldes wieder hab- haft zu werden, und es bedurfte langwieriger gerichtlicher Verhandlungen, bis seinen Erben das Kapital und statt des Schöpses 2 Schock erstattet wurden, u. zw. erst im J. 1653. Als Blochs Witwe für ein zurückerhaltenes Darlehen den Schuldschein herausgeben sollte, ließ sie am 23. Oktober 1635 im Amtsbuche vormerken, es wäre derselbe ihrem Sohne vor einem Jahre in Saaz, wohin er sich der Kriegsgefahr wegen geflüchtet, von schwedischem Kriegsvolk neben anderen Sachen und! Schriften gewaltsam abgenommen worden; wenn derselbe etwa künftighin wiederum an den Tag kommen sollte, soll er „ganz kassiert, aufgehoben, null und nichtig sein''. - Von besonderer Rührigkeit und Tatkraft müssen die beiden Schwiegersöhne Blochs, Isak Brandeiš und Isak Sachs, gewesen sein. Als Geldverleiher mußten sie oft gegen säumige Zahler die Hilfe des Gerichts in Anspruch nehmen und es waren mitunter bohe Beträge, die sie als Darlehen zu geben im Stande waren; nicht selten mußten sie sich jahrzehntelang in Geduld üben, um die endliche Bezahlung zu empfangen, und sich dann auch noch Abzüge gefallen lassen. 1636 kaufte Isak Brandeis für seinen Schwager, Salomon J. zu Prag, in K. Wolle ein und legte den Betrag von 42 Schock hiefür aus. Im selben Jahre wurde er beschuldigt, von der Mutter einer der zu Brüx wegen Kirchendiebstahls hingerichteten „Maleßzpersonen" Glockenmetall gekauft zu haben, und deshalb gefäng-lich eingezogen, aber durch seine Glaubensgenossen wieder ausgebürgt. 1630 hatte er auf der Messe zu Leipzig einem Nürnberger Kaufmanne für 82 Rchst. Safran und anderes Gewürz abgekauft und nicht bezahlt, und als er dem Kaufmann 8 Jahre später in K. begegnete, alsbald „sich auf die Seite gemacht"; deshalb bevollmächtigte, der Nürnberger einen Kaadner Bürger, den Juden, wenn er ihn antreffe, verhaften zu lassen und nicht wieder freizugeben, bis er die Schuld bar bezahlt. Bei dieser Gelegenheit nennt, ihn das Amtsbuch den „schwarzen Juden Isak Brandeis". Bei seinem Weibe versetzte die schon oben erwähnte Soldatenfrau einen Teil ihrer,Kleider, gegen 7 Schock 30 Groschen pfandweise, zu deren Auslösung sie sich 8 Schock gegen Verrechnung anderweitig auslieh, als sie 1632 mit ihrem Manne „ins Kriegswesen'' zog. Zwischen den J. 1632 und 1636 schloß er eine neue Ehe mit Egela, einer Tochter Isaks des Älteren von Bielenz und der Rachel. Diese Egela stand 1645 im Verdachte, gemeinsam mit dem Weibe des Juden Wolf Meier einen von Soldaten des schwedischen Generals Axelsön geraubten kupfernen Färbkessel des Tuchmacherhandwerks T gekauft zu haben und versteckt zu halten. Bei der Ausweisung der Juden aus der Stadt übernahm Isak Brandeis die Bürgschaft bezüglich aller Beträge, welche seine Glaubensgenossen der Stadtgemeinde an Schutzgeldern und anderen rechtmäßigen Abgaben noch schuldeten. Er genoß demnach großes Ansehen bei seinen Leuten und Vertrauen beim Rate. Isak Sachs, dessen Gattin Estra hieß, sprach wiederholt, entweder allein oder mit anderen, namentlich Isak Brandeis, als Vertreter der Kaadner Judenschaft bei den Behörden vor. So z. B. 1639 am 2. Mai wegen des für die Schweden beigesteuerten Getreides. Ferner trat er am 6. Mai 1639 im Namen der gesamten Kaadner Juden an die Erben des eben verstorbenen Isak des Älteren mit der Forderung heran, daß sie nach dem geltenden Judenrecht die. übliche Spende für die armen Leute und den Gottesacker in