Giebel sind große steinerne Bundestafeln angebracht. Darunter ist der 100. Psalm aufgezeichnet, der die Jahreszahl des Umbaues andeutet. Von den ältesten Mitgliedern der Gemeinde wurde dem Verfasser dieser Geschichte erzählt, daß man beabsichtigte den Tempel in imposanter Höhe aufzuführen; dagegen lehnte sich aber die kathol. Geistlichkeit auf, da sonst der Judentempel die Kirche überragen würde und dem durfte nicht stattgegeben werden. Tatsächlich ist die Frauengallerie im Verhältnisse zum Männertempel viel niedriger und sieht der obere Teil des Tempels wie abgeplattet aus. Trotzdem ist es ein recht hübscher Bau mit sehr schöner Plafondmalerei, die noch heute sehr frisch und lebhaft ist/Als der Umbau in vergrößertem Maße vollendet war, erwies sich ider Tempel noch zu klein und konnte alle Andächtigen, ; besonders an den hohen Feiertagen, nich fassen. Viele mußten in den Gängen stehen, da keine Sitze zu bekommen waren. Nun ist die jüdische Gemeinde leider in stetem Sinken begriffen- Im J. 1826 wohnten in H. M. 492 Juden im J. 1859 waren daselbst 721 Juden. Von dieser Zeit an sank stetig die jüdische Einwohnerzahl. Im. J. 1880 waren zwischen 4601 Einwohner nur 434 jüdische Seelen. Im J. 1900 waren zwischen 4668 Einwohnern 240 jüdische Einwohner und im. J. 1921 zwischen 4255 Einwohnern nur noch 87 jüdische Seelen. Das stete Abnehmen der jüdischen Einwohnerzahl ist darauf zurückzuführen, daß die Juden in die Großstädte übersiedeln und kein Nachwuchs vorhanden ist. j. . ■ Bis zum J. 1848 war den Juden nicht gestattet in der inneren Stadt von H. M. zu wohnen. Als erster Jude, der sich in der Caslauergasse ansiedelte, wird ein gewisser Salomon Spitz genannt. Diese Ansiedlung fand im J. 1849 statt. Zu Beginn des 20. Jhts., resp. gegen Ende des 19. Jhts. gehörten den Juden auf dem Palackyringplatze 15 Häuser. Unser Gewährsmann hebt hervor, daß es sich nicht leugnen laßt, daß schon seit ältesten Zeiten daselbst bedeutender Handel und Gewerbe betrieben wurde, wozu die Juden in nicht geringem Maße beigetragen haben. Im 18. und 19. Jht, hatten die Juden das Hauptverdi enst um den Handel und um das Gewerbe daselbst. Sie waren die eigentliche Ursache des Aufblühens des Gewerbes, besonders in der Erzeugung von Schuhwaren. In diesem Fache arbeiteten besonders die Firmen Michael Bass, später Alfred Falk, Theresie Kačer, Michael Löwit und Nachfolger, Julius Goldmann. In der Tuchbranche war die Firma .Hochner bedeutend, gegenwärtig in den Händen von Max Goldmann. Als Großkaufleute in Leinwanden und Kattunen sind David Falk und David Taussig zu nennen. Die K. G. in H. M. besitzt sechs Vereine, und zwar Zedoko-, Bikkur Cholim-, Gemilath Chasodim-, Nerto-mid-, Talmudthora- und Frauenverein. Der Verein Bikkur Cholim hat die Aufgabe, Armen und Dürftigen ärztliche Hilfe und Medikamente angedeiheii zu lassen. Der F. V. verabreicht den hiesigen armen Frauen monatliche Geldbeträge. Auch viele Stiftungen sind vorhanden, die den Zweck haben, am Sterbetage der Stifter das Rabonim-kadisch zu verrichten. Auch ein Maskirbuch ist angelegt worden, damit die Namen würdiger und verdienstvoller Männer und Frauen an allen Feiertagen genannt und für deren Seelenheil Gebete verrichtet werden. Es wäre noch zu erwähnen, daß die erste jüdische Matrik im J. 1788 angelegt wurde. Über die Wirksamkeit von Rabbinern sind bis zum J. 1855 keine Berichte vorhanden. Als letzter Rb. jener Periode wird Samuel Brod genannt, der.his zum J. 1855 das Rabbinat daselbst bekleidete. Auf diesen folgten Dr. Moses B'loch bis zum J. 1863, Benjamin Feilbogen bis zum J. 1868, S. Rosenberg vom J. 1868. Dieser wirkte nur kurze Zeit, dann folgte eine längere Vakanz. Erst im J. 1891 wurde Dr. Nechemias Kronberg zum Rb. erwählt, welcher bis zum J. 1908 wirkte. In demselben Jahre wurde der Rabbinerposten mit Dr. Isak Folkmann besetzt, der noch daselbst seine Amtstätigkeit ausübt. Das über die vorangehenden Jahre keine Berichte vorhanden sind, dürften vielleicht die Feuersbrünste,, die hier öfters wüteten, die Ursache sein. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die jüdischen Archive der älteren Zeit ein Raub der Flammen wurden. Als -Kultusvorsteher werden folgende Herren genannt: Vom Jahre 1815—1830 Heinrich Bass, 1830 bis 1832 David Rix, 1832—1843 Felix Falk, 1843 bis 1848 Wolf Pokorný, 1848—1855 Wilhelm Bass3), 1855—1861 Leopold Taussig; 1861—1868 Michael Rix, 1868—1874 Herrmann Traub, 1874—1875 David Taussig, 1875—1876 Josef Steindler. 1876—1883 Michael Rix, 1883—1899 Josef Rix,' 1899—1910 Theodor Pokorný, 1910—1929 Alfred Falk. Bis zum J. 1855 ist den jüdischen Kindern in Privathäusern in Gruppen Unterricht erteilt worden. Erst auf Veranlassung des damaligen KRb. Samuel Brod wurde eine deutsche Privatschule ins Leben gerufen, für welche auch ein geeignetes Gebäude durch Umbau zweier kleinerer Häuschen mit einem Aufwände von 6000 Gulden erichtet wurde. Dieser Betrag wurde teils durch Spenden, wobei der damalige Rb. Dr. Benjamin Feilbogen mit gutem Beispiele voranging, teils durch Aktien aufgebracht, welche die einzelnen Mitglieder und auch auswärtige Glaubensbrüder ankauften. An der Eröffnungsfeier der Volksschule beteiligten sich: die kathol. Geistlichkeit* der Bürgermeister mit dem Stadtrate, der Direktor der böhmischen Schule mit dem Lehrkörper, der Direktor der fürstlichen Güter von H. M. und . Umgebung und noch andere Körperschaften; ein schöner Beweis der damaligen liberalen Zeit. An dieser Schule wirkten jüdische Lehrer mit sehr gutem Erfolge. Im J. 1870 ist diese Schule eine öffentliche geworden. Von dieser Zeit an besuchten die Schule auch zahlreiche kathol. Kinder. Mit der% Zeit überragte sogar die kathol. Schülerzahl die jüdische, so daß dem Schulgesetze entsprechend ein kathol. Schulleiter bestellt wurde. Als aber im J. 1896 eine böhmische Bürgerschule erbaut wurde, sank die Schülerzahl auf 30 und die deutsche Volksschule mußte in eine einklassige umgestaltet werden. Im J. 1908 ist die deutsche Schule infolge Mangels an Schülern ganz aufgelöst worden; der letzte jüdische Lehrer wurde pensioniert. Im Kriegsjahre 1914 sind in H. M. 128 jüdische Flüchtlinge aus Galizien und der Bukowina angekommen. Mit den Flüchtlingen, die sich in der Umgebung ansiedelten, stieg ihre Zahl auf 300. Als die Russen in Galizien siegreich vordrangen, wurden viele Flüchtlinge nach Böhmen gebracht, so daß deren Seelenzahl hier und in der Umgebung auf 1538 anwuchs. Für die Flüchtlingskinder wurde eine besondere Schule im Gebäude der jüdischen K. G. mit polnischer Unterrichtssprache eingerichtet. Die Kosten bestritt die „Baron Hirschsliftung". Vom Jahre 1916 an schickte die jüdische Allianz aus Wien eine monatliche Unterstützung von 4000 K für die Flüchtlinge. Auch das Bukowinaer Unterstützungs- Hermina Pokorná Max Bergmann Milan Fuchs *) Da den Juden in der inneren Stadt zu wohnen nicht gestattet war, so konnten wohl die unbewohnten Häuser, in welche die Juden sich ansiedeln durften, in der unmittelbaren Nähe der Judengasse gewesen sein, so daß dadurch die Judengasse zur Judensladt heranwuchs, welchen Namen dieselbe später auch *)' Im böhmischen Texte heißt es „rychtář", das eigentlich bedeutet Richter, denn der Bürgermeister hatte auch die Befugnis Recht zu sprechen. 3) Derselbe wurde dann an das Budapester Seminar als Professor, resp. Direktor berufen. DŘEWIKAU. DŘEVIKOV, komitee sandte öfters größere Beiträge für die Glaubensbrüder aus der Bukowina. In der Förderung der Flüchtlinge tat sich besonders die hiesige K. G. mit dem Vorsteher Herrn Alfred Falk an der Spitze und der F. V. mit seiner edlen Präsidentin Frau Hermine Pokorný heryon Voll inniger Teilnahme und 'warmen Mitgefühls nahmen sich der Vorsteher und die Präsidentin der armen Brüder aus dem Osten an und ließen ihnen jede nur mögliche Unterstützung angedeihen. Was diese beiden edlen und herzensguten Menschen für die unglücklichen Flüchtlinge taten, wird in der Geschichte von H. M. für alle Zeiten^nit unauslöschlichen Buchstaben verzeichnet sein. 7 km von Hlinsko, 2 km von Trhová Kamenice entfernt liegt die ehemalige jüdische Siedlung Dřevikov. Diese konstituierte sich in der 2. Hälfte des 18. Jhts., als der Großgrundbesitz Dřevikov-Freihammer den Juden Schutz und Ansiedlungsrecht gewährte. Aus dem Ende des 18. Jhts. ist noch das alte „Judenbuch" erhalten. Noch gegen Ende des 19. Jhts. zählte der Ort etwa 20 jüdische Seelen. Heute ist die jüdische Gemeinde in D. zur Gänze ausgestorben. Die ehemalige, heute-in nichtjüdischem Privatbesitze befindliche und gänzlich umgebaute Synagoge, das ehemalige Schulgebäude, sowie der alte Friedhof sind die letzten Reste der einstigen jüdischen Siedlung. Dieser liegt hinter den wenigen Häusern der Ortschaft, auf drei Seiten idyllisch von Wald umgeben. Er zählt über 200 Grabsteine, von den die ältesten aus der Mitte des 18i Jhts. stammen. Dr. Karl Blan, Trautenau. 113 Heřman-Městec 4