dem infolge der günstigen Erwerhsverhältnisse auch durch Zuzug von anderwärts eine nicht, unbedeutende Vermehrung erfuhr, ergibt sich aus der Tatsache, daß nach einem Verzeichnisse vom 4. Feber 1724 die Gemeinde 358 Seelen zählte. Davon waren ungefähr zwei Drittel alten Leipaer Stammes, das restliche. Drittel bildeten Mitglieder von. Familien fremder Herkunft. Die meisten fremden Familien stammten aus Prag, einige aus Jungbunzlau, Auscha und Libochowitz, ferner waren hier Familien aus Raudnitz, Eidlitz, Kolin. Náchod, Postelberg, Radeschin und anderen Orten. Je eine Familie stammte aus dem Reich, Österreich, Mähren, zwei aus Polen. Unter letzleren befand sich die 6köpfige Familie des Rabbiners Markus K o ha. Diese 358 Personen wohnten in 15 Häusern. Die Namen der Hausbesitzer sowie die Bezeichnung der Häuser, welche die eigentliche Judenstadt bildeten, waren: Judenhaus Nr. II: Salomon Altschüll, Israel Alt-schüll; '..'.'. -"'•'■ Nr. III: Jüdl Ganss, .Löbel Jakob. AÍtschulI,; Mündl. Sohn, Löbel Mendl, Lassar Josel, Sohn Abraham. Nr. IV: Fronitl Altschulin, Wolf Lippmann, Joel Wolf. Nr. V: Josel Herschel, Simon Moyses Fischer, Samuel Herschi. Nr. VI: Joseph Löbel, Jonas Josel, Wittib Baile. Nr. VII: Simon Samuel Fischer, Schojum Mayer, Löbel Dub, Salomon Šchnieder, Wittib Beere, Juda Mayer, Hersehl Susismann, Samuel" Aron Schusitzky. Nr. VIII: Abraham Goldschmidt, Hersch Mendl, Jo, nas Jakob, Moises Jachirl, Abraham Mendel Löwi, Ňa* than Abraham, Scheye Jachirl. ■ ' Nr. IX: Simon Moises Fischer, Mendl . Josef Löwi. Simon Chaim, Isak Schneider, Wolf Michel, Hersehl Eberle. : Nr. X: Mayer David, Simon Löwi, David Israel, Juda Wörfel, Abraham Wörfel, Samuel Beer. ,'• . :' '. Nr. XIII und XlV: Jakob Berl,. Mayer Pán, Sussmann Hersehl, Mayer Mendl, Simon Bio wetz,. Hersehl Bernard, Joseph Ploch. . : • . Nr. XV: Abraham Markus Altschul, Isaak Mayer, Berl Abraham, Hendl Löwi, Wittib Zipperle. Jakob Wörfel, Moises Löbl Wörfl. Nr. XVI: David Veit, Abraham Salomon Altschul, Salomon Fürth, Chivá Awin, David Wolf, Bernard David, Hersehl Jakob. Nr. XVII: Seelig Sussmann, Rupert Markus, Hersclil Wolf. Nr. XVIII: Jakob Sawer Altschüll, Joachim Goldschmidt. Nr. XIX: Sisskind Dub, Joachim Dub, Johann, Johann Salomon Altsehul, Moises Altschul. - Nr. XX: Joachim Isak Dub, Bernard Markus Löwi. Nicht bewohnt waren: Nr. XI: Judenspital, Nr. XII: Juden-Synagoge. Auf ein Haus kamen demnach durchschnittlich nahezu 24 Personen. Tatsächlich beherbergten aber 8 Häuser mehr als je 24 Leute, zwei davon 33, eines 34, eines sogar 40 Personen. Im J. 1733 gab es in Leipa 61 Ehepaare, also 122 Ehemänner und Ehefrauen mit 179 Kindern, ferner 23 Witwer und Witwen mit 38 Kindern und 12 einzelstehende Personen, demnach im ganzen 369 Köpfe. Wie groß die Seelenzahl der J. G. ein Jahrzehnt später, im J. 1744, un- mittelbar vor der hier zu erzählenden Katastrophe war, konnte nicht festgestellt werden. Es kann aber mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden, daß die Zahl 380 nicht wesentlich überschritten worden sein dürfte. . Im J. 1744 kam Major Simbschen mit 400 Pandu-ren und 60 Husaren bei der Verfolgung der Preußen auch nach dem nahegelegenen Auscha, wo sie am 5. Dezember einrückten. Anstatt die Preußen weiter zu verfolgen, schlugen sie Türe und Fenster der Judenhäuser ein und raubten alles, was sie mittragen konnten. (Vgl. Gesch. d. Juden in Ausoha a. a. O.) Der Ju-den in B. L. bemächtigte sich ungeheure Angst, das gleiche Schicksal der Juden in Auscha zu teilen und sie versuchten durch ein hohes Lösegeld die ihnen : drohende _Gefahr abzuwenden. Die Soldaten aber wollten von der bereits mit ihren Offizieren getroffenen Vereinbarung nichts wissen und unter dem Vorwand, sich im B. L. Quartiere zu suchen, brach die Mehrzahl der Panduren aund Husaren auf und marschierte der Stadt B.- L. .zu. Hier zogen sie ■'''•'Sofort in die Judengasse vor dem Kreuztor, wo sie in die Judenhäuser eindrangen, in denen sie viele Beute vermuteten. Das Wüten währte von 10 Uhr vormittags bis 4 Uhr nachmittags. 32 Juden wurden getötet, 40 verwundet und mehr als 30.000 Gulden an barem Geld Und Waren entwendet. Der Märtyrer aber, die damals ihr Leben lassen mußten, wird noch heute alljährlich am 4." Te-beth in einer „Selicha" gedacht. ••■■■• Diese Bußgebete in wortgetreuer Abschrift lauten: Selichoth (Bußgebete),r - ;: ' zu: verrichten am 4. Tebeth eines jeden Jahres für das uns an diesem Tage Zugestoßene. Im Jahre 505 nach der kleinen Zahl (1744). Tränen fließen aus unseren Augen, Wasser rieselt über unsere Augenwimpern, wenn in uns die Erinnerung aufsteigt-an das, was sich durch unsere Sünden in unserer Gemeinde ereignet hat. An diesem Tage, Mittwoch den 4. T/ebéth im Jahre 5505 nach unserer Zählung, brach ein Verderben herein. Da drangen die Feinde in den Tempel, in die Stätte unseres Heiligtums im Kleinen, zerrissen, verbrannten und traten mit Füßen wie Straßenkot die heiligen Bücher und die Lehre unseres Gottes. Sie raubten. Silber, raubten Gold, alle heiligen Geräte aus Silber, Gold und Kupfer, alle Holzgeräte zerbrachen und zerschmetterten sie im Hause unserer Lust. Dann schleppten sie aus seinem Lehrhaus unseren Stolz, unseren Lehrer und Meister, den Gaon Rabbi Jona, den Vater unseres Gerichtskollegiums, der scharfsinnig und belesen war in der offenkundigen und Geheimlehre, in allen Winkeln der schriftlichen und mündlichen Lehre, wie. unsere Weisen uns gelehrt haben. Wie ein Lamm • zur Schlachtbank zerrten sie ihn an den Haaren seines Hauptes und rauften ihm den Bart aus und schleppten ihn so hinaus in die Straßen der Stadt.. Da erst ließen die Unholde ah und gaben sich zufrieden, als sie ihn mit dem Brandrohre in den Mund schössen. Wehe! Da fiel .die Krone unseres Hauptes! Nackt, ohne Bekleidung, warfen sie ihn auf die Straße, wie Dünger auf den Acker. Erde nicht bedecke sein Blut, das in den Straßen vergossen wurde wie Wasser auf die Erde. In dieser Weise fuhren die Übeltäter fort, die Großen und Besten unseres Volkes zu peinigen. Alle sind sie ja mit ihren Namen auf dem Gottesacker unserer Gemeinde benannt. Rabbi Arje, den Kohen, gerecht und fromm, schleppten sie nackt und unbekleidet in der Kälte umher und. schlugen ihn so lange mit Axt und Beil, bis er mit den Worten Jakob Josef ÄltscKul Berta Adler „Schema Jisrael" und mit dem Bekenntnis der Einheit Gottes seine Seele aushauchte. Nach ihm ergriffen diese Verfluchten den R. Meir Kohen und den R. Jakob Kohen, schössen auf sie, durchbohrten sie mit Schwertern und Lanzen und vergossen ihr Blut wie Wasser auf der Straße. Ferner quälten die Übeltäter den R. Benjamin, Sohn des R. Ephraim, einen Hervorragenden in unserer Gemeinschaft, und schnitten ihm mit gezücktem Schwerte den Kopf ab. Darauf drangen diese Räuber in das Haus des vorneh-men~fc "Ghaim, Sohn des R. Josua, ein, der Vorsteher unserer Gemeinde war. Ein Baum des Lebens war er denn, die an ihm festhielten. Ein Wohltäter der Armen, übte er Mildtätigkeit, Recht und Tugend in unserem Volke. Er befand sich mit mehreren anderen im Versammlungshause unserer Stadt und als sie die Feinde heranstürmen sahen, sprangen sie in den Garten. Da schössen ihnen die Schützen nach und töteten den R. Simon, Sohn des Jakob Josef, R. Abraham Levi, R. Ascher und andere, die sich in Schlupfwinkeln verstecken wollten. Den schon genannten hochgeehrten R. Chaim aber ergriffen sie, marterten und bedrängten ihn, bis er ihnen sein ganzes Silber und Gold und unsere Kleinode auslieferte. Darnach schleppten sie ihn in sein Obergemach hinauf und durchbohrten ihn mit Schwertern, bis er seinen Geist aufgab in vollem Bekenntnis zum Schöpfer und Bildner unseres Leibes und unserer Seele. Dem R. Abraham, Sohn des Menachem, spreizten sie die Hände aus, schlugen ihn mit Nägeln an das Torjund peinigten ihn mit marteryollen Qualen, damit er den Namen anderer Götter ausspreche. Er aber blieb standhaft in seiner Frömmigkeit und rief unaufhörlich das „Schema Jisrael". Dann erschossen sie ihn und ließen ihn nicht lebend vollenden den heiligen Namen des Ewigen, unseres Einzigen. Darauf peinigten die Übeltäter den .vornehmen R. Mosche, der zum Vorsteher unserer Ge-